1. Konventionelles Wasserkraftkonzept

Beim Bau von Wasserkraftanlagen sind die Vorgaben der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie (WWRL, u.a. ökol ogisches Verschlechterungsverbot) und des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG, u. a. Schutz der Fischpopulation) einzuhalten. Der Neubau von Flusskraftwerken ist deshalb weitgehend auf bestehende Querbauwerke beschränkt. In konventioneller Technik erfolgt die Ausführung meist in sogenannten Buchtenkraftwerken. Der Turbinenabfluss wird dabei aus dem Flussbett in eine Bucht zum Kraftwerk ausgeleitet und unterhalb des Staubauwerkes wieder in den Fluss zurückgeführt.

Eigenschaften
  • Bauliche Ufereingriff
  • Kein überzeugender Fischschutz- und Fischabstiegstechnik
  • Ausleitung mit Totwasserzonen im Wehrbereich
  • Lärmemissionen
  • Sichtbares KW-Gebäude ist städtebaulich unerwünscht
  • ökologisches Verschlechterungsverbot nach EU-Wasserrahmenrichtlinie

2. Neues Konzept: Schachtkraftwerk (Anordnung)

Der Grundgedanke des Konzeptes „Schachtkraftwerk“ zielt darauf ab, die gesamte Turbinen- Generatoreinheit direkt im Staubauwerk in einem Schacht bzw. in Schächten anzuordnen, um eine klassische Triebwasserausleitung und –rückführung mit allen baulichen und ökologischen Nachteilen zu vermeiden. Dadurch benötigt das Anlagensystem nur ein geringes Bauwerksvolumen und verfügt insbesondere über ökologische Vorteile, weil im hydraulischen Design ein überzeugender Fischschutz und Fischabstieg integriert werden konnte. Mit Hilfe eines physikalischen Modells sowie einer Prototypanlage wurden in der Versuchsanstalt Obernach der TUM alle Bauwerkskomponenten dimensioniert und die Anlagentechnik entwickelt.

Schachtkraftwerk Konzept

Vorteile des Schachtkraftwerks

  • Überzeugende Technik für den Fischabstieg
  • Geschiebedurchgängigkeit
  • Hochwassersicherheit
  • keine Störung des Landschaftsbilds, (Bauwerk unter Wasser, keine Geräuschemission)
  • Kosteneffizient (geringes Bauvolumen, kein Kraftwerksgebäude)

3. Funktion

Der entwickelte Lösungsweg beinhaltet die Anordnung einer horizontalen Einlaufebene mit vollständiger maschineller Unterwasseranordnung in einer Schachtkammer, was durch die neue Tauchturbinen-Technologie ermöglicht werden kann. Im Unterschied zu konventionellen Wasserkraftsystemen erfolgt also die Triebwasserentnahme senkrecht nach unten: Der Kraftwerkszufluss wird durch den horizontal angeordneten Rechen mit abflussabhängiger Überdeckungshöhe der Turbine zugeführt und über das Saugrohr durch den Wehrkörper hindurch ins Unterwasser geleitet.

4. Betriebstechnik

Damit eine möglichst verlustarme und wirbelfreie Strömungsumlenkung in die vertikale Richtung gewährleistet werden kann, ist eine große Einlauffläche, ein feinmaschiges Rechenfeld und eine permanente Überströmung eines stirnseitig angeordneten Verschlusses erforderlich. Mit den weiteren Möglichkeiten der Verschlussstellung – Spaltöffnung zur Rechenreinigung und Vollabsenkung bei Hochwasserabfluss zur Treibholz- und Geschiebeabführung – sind alle betrieblichen Funktionen abgedeckt. Die Feinkiesanteile fallen in die Schachtkammer und werden problemlos über den Turbinenlauf ins Unterwasser gespült, Grobgeschiebe wird über dem Rechen hydraulisch und mit dem Reiniger transportiert.

5. Fischschutz

Weil abwandernde Fische überwiegend dem Triebwasserweg (Hauptströmung) folgen, müssen die hydraulischen Einlaufkriterien dem Fischschutz und der stromabwärts gerichteten Wander-bewegung gerecht werden: Im Schachtkraftwerk wirken geringe Stababstände im Rechenfeld als Hemmbarriere, geringe Fließgeschwindigkeiten im Einlauf gewährleisten Schwimmfreiheit für die Fische und der Abflussstrahl über und durch die Ver- schlusstafel erzeugt einen direkten Wasser- und Abstiegsweg nach unten. Die Fische über der

Einlaufebene nehmen eine Schrägstellung ein (Bild links) und schwimmen aktiv gegen die nach unten gerichtete Strömung, wodurch das Auffinden der Abstiegswege ermöglicht wird.

6. Mehrschachtkonzept

Damit auch an Wehrstandorten mit größeren Abflüssen ein hoher Ausbaugrad möglich ist, kann eine Reihenanordnung mehrerer Einzelschächte vorgenommen werden. Das besondere wasserbauliche Element besteht in einem sogenannten „ökologischen Verbindungs-gerinne“, (Öko-Migrationsgerinne) das oberstromig zwischen den Schachtblöcken eingebunden ist und in Größe und Bauart unter-schiedlich strukturiert werden kann. Dadurch wird im Staubereich ein gut auffindbarer Wasserweg mit vielfältigen Fließwasserzonen integriert und in der mittleren Fließlamelle die Barrierewirkung des Staukörpers über-wunden. Im Idealfall ist eine vollständig naturnahe Gestaltung möglich